Die Hamburger Wexstraße ist eine kleine, versteckte Perle in der Innenstadt. Zwischen Michel und der Shoppingmeile Neuer Wall, findet man hier Cafés, Galerien, Restaurants und Geschäfte für besondere Dinge. Unter anderem "Richard", einen Laden für Accessoires rund ums Wohnen. Ein Grund, weshalb ein aufmerksamer Blick an dem kunstvoll dekorierten Schaufenster des Geschäfts hängen bleiben muss, ist dessen detailreiche Gestaltung. Auf dem antiken Sessel sitzen kleine Porzellanvögel, Globen leuchten, Teelichte flackern und von der Decke hängen Blütenköpfe aus weißem Porzellan.
"Verantwortlich" für die besondere Dekoration ist Inhaber und Stylist Richard Lotzmann. Der gelernte Fotograf eröffnete 2009 seinen Laden. Die Idee dazu hatte er schon lange in seinem Kopf. Durch Zufall entdeckte er die Räumlichkeiten am Großneumarkt und "Richard" war geboren. Betritt man das Geschäft, bestätigt sich der erste Schaufenstereindruck. Lotzmann arrangiert alte und neue Wohnaccessoires miteinander und verschafft seinen Räumlichkeiten vor allem durch gekonnte Dekoration einen individuellen Look – unangestrengt und ohne große Markennamen. Wir haben den Wohnexperten getroffen und ihn nach seinen Tipps gefragt.
Richard Lotzmann im Interview
Ihr Geschäft besitzt eine sehr angenehme, persönliche Note – durch welche Dinge schaffen Sie das?
Ich glaube, der Mix aus Alt und Neu schafft Charakter. Ich biete meinen Kunden antike und neue Dinge zum Kauf an, die ich von Händlern und auch auf Märkten unter anderem in Belgien oder den Niederlanden erstehe. Im Laden dekoriere ich diesen Stilmix nach meinen Vorstellungen miteinander und versuche, zu inspirieren.
Wie kann ich meiner eigenen Wohnung mehr Persönlichkeit verleihen?
Eine Wohnung muss wachsen. Ich rate immer davon ab, sich seine vier Wände komplett auf einmal einzurichten oder nur in einem Möbelhaus zu kaufen.
Kann man Einrichten lernen? Gibt es vielleicht sogar eine goldene Regel?
An eine goldene Regel glaube ich nicht. Auch ist Einrichten keine Frage des Geldes. Man kann sich oftmals schon mit wenigen Mitteln behelfen. Aus einfachen Holzpaletten und Farbe lässt sich zum Beispiel leicht ein Bettgestell herstellen. Jedoch kann und sollte man sein Gespür für Einrichtung und Dekoration immer erweitern und dazu lernen. Alles ist natürlich auch abhängig vom eigenen Geschmack und vom Zeitgeist, der einen temporär prägt.
Wo finden Sie Inspiration?
Ich blättere mich durch zahlreiche Wohnmagazine, gerne auch durch ausländische wie die "Elle Decoration UK" oder "Vtwonen", ein holländisches Magazin. Dinge, die mir gefallen, reiße ich heraus und sammele sie in Boxen. Das Internet bietet natürlich einige inspirierende Seiten, zum Beispiel "freundevonfreunden.com". Auch Städtetrips sind hervorragend, um sich neue Anregungen von unbekannten Läden und ihren Produkten zu holen. Aber man sollte Inspiration auch zulassen können. Menschen ohne ein Grundgespür für Einrichtung übersehen viele ausschlaggebende Details einfach.
Die Wände Ihres doch eher kleinen Geschäfts sind dunkel gestrichen. Was muss man beachten?
Die Decke habe ich weiß gelassen, dadurch behält der Raum seine Höhe, ansonsten wirken dunkle Farben in kleinen Räumen wohnlich und schaffen schöne Kontraste. Man muss nur Mut haben. Auf die Farbe bin ich übrigens durch eine Zeitschrift gekommen. Mit dem Ausriss bin ich dann in den Baumarkt, wo man sich mittlerweile fast jeden Farbton anrühren lassen kann.
Welches Möbelstück steht auf Ihrer persönlichen Wunschliste?
Einen richtigen Wunsch habe ich eigentlich nicht. Allerdings brauche ich ein neues Sofa. Das findet sich meist nicht von heute auf morgen. Gerade bei der Wahl von Möbeln, die einen lange begleiten sollen, lasse ich mir gern Zeit. Im Moment dient mir ein Sessel als "Ersatzsofa", und das gefällt mir sogar richtig gut. So entsteht aus einer Not heraus ein ganz neues Wohngefühl.
Gibt es Must-haves beim Wohnen?
Nein, ich finde nicht. In meinen Fall sieht man ja, dass man nicht mal ein Sofa braucht.
Haben Sie ein Lieblingsmaterial?
Holz und Metall – auf keinen Fall Kunststoff!
Das ewige Thema Beleuchtung...
Eine gute Beleuchtung ist schwer. Indirekte Beleuchtung ist immer vorteilhafter. Lieber keine Deckenleuchte, dafür mehrere, im Raum verteilte Lichtquellen.
Ihr Stil in fünf Worten?
Eklektisch, ungewöhnlich, international, alt und neu.
Ein persönlicher Tipp für unsere Leser?
Misten Sie regelmäßig aus, das wirkt immer befreiend. Individualität schafft man vor allen mit persönlichen Dingen. Selbst der eigene, alte Kinderschuh, inszeniert in einer Vitrine, funktioniert als charmantes Deko-Objekt. Stilbrüche beleben – man braucht nur ein wenig Mut. Und vor allem: Einrichten braucht Zeit, eine Wohnung wächst mit den Jahren und nicht von heute auf morgen.
Kontakt
Richard
Wexstraße 32A
20355 Hamburg
Telefon: 040/386 475 02
Fax: 040/386 475 03
www.richardhamburg.com
Das Interview führte Marleen Oldenburg im Mai 2012.