Hat nicht jeder Raum sowieso eine Atmosphäre?

Im Prinzip ja, denn Atmosphäre ist, um das mal ganz nüchtern zu beschreiben, die wahrnehmbare Stimmung an einem Ort. Die kann natürlich auch schlecht sein, und insofern stimmt es, dass jeder Raum eine hat.
Wodurch entsteht eine gute Atmosphäre?
Gute Atmosphäre hat nichts mit Stil, nichts mit Geld und nichts mit Design zu tun, sie hat mit der Liebe zu den Dingen zu tun. Und sie geht von den Menschen aus, die die Wohnung mit Leben füllen. Darum ist es so wichtig, dass man sich seinen eigenen Bedürfnissen entsprechend einrichtet: Das eigene Wohlbefinden wird von anderen wahrgenommen.
Dann gibt es gar keine allgemeingültigen Zutaten, die garantiert ein Haus mit guter Atmosphäre entstehen lassen?
Doch, die gibt es. Die allerwichtigste ist Herzlichkeit. Pflegen Sie ein offenes, gastfreundliches Haus, das ist schon mal die halbe Miete.
Apropos Gastfreundschaft: Warum landen auf Partys immer alle in der Küche?
Weil sie so ein sinnlicher und kommunikativer Ort ist. Es riecht nach leckerem Essen, ein Herd verbreitet Wärme, meist ist der Raum so klein, dass man dicht zusammenrücken muss. Daraus lernen wir, dass es wichtig ist, die Sinne anzusprechen.
Und wie tut man das?
Zum Beispiel mit den richtigen Materialien wie etwa Holz, Samt, Wolle; solchen, die eine angenehme Haptik haben und schön altern. Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Wenn etwas Patina angesetzt hat, aber trotzdem noch gut aussieht, erzeugt das viel mehr Wärme als eine glatte, perfekte Oberfläche. Alte Dinge können Geschichten von ihrem Vorleben erzählen, was einer der Hauptgründe dafür ist, dass Vintage-Möbel so beliebt sind. Bei Häusern ist das ähnlich, deswegen wohnen so viele Menschen lieber in einem Alt- als in einem Neubau.
Sie auch?
Unser Haus ist tatsächlich 150 Jahre alt, aber ich finde auch moderne Architektur sehr ansprechend. Wichtig ist immer die Balance. Gerade Linien brauchen zum Ausgleich sanfte Kurven, harte Materialien einen weichen Gegenspieler.
Was gibt es noch für Atmosphäre-Retter?
Gute Atmosphäre hat ganz viel mit Gemütlichkeit zu tun. Und die besten Freunde der Gemütlichkeit sind üppige Sofas, ein knisterndes Kaminfeuer, warme Farben, weiches Licht. Komfort gehört natürlich auch dazu. Ich glaube, darauf können sich alle einigen.
Der Ort, der für Sie der Inbegriff der Gemütlichkeit ist?
Früher war das die Küche meiner Großmutter mit einem großen Holztisch in der Mitte und einer Kommode mit Marmorplatte. In der obersten Schublade befanden sich die Backzutaten. Darin roch es immer so köstlich nach Vanille.
Und heute?
Mein Sofa.
Was machen Sie darauf alles?
Alles!
Interview: Anne Zuber