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Meissen – seit 1710
Wer selbst schon auf Porzellan gemalt hat, weiß, wie absolut ruhig die Hand sein muss, wie hoch die Konzentration. In einer der ältesten Porzellanmanufakturen Europas sind echte Künstler wie Christa Nettke (Foto oben) am Werk. Mit Feder und feinstem Pinsel zaubert sie ikonische Muster auf Teller und Gefäße. Bei der Aufglasurmalerei fängt das Können schon beim Anmischen der Farbe aus Pigmentpulver und ätherischem Öl an. Fürs Auftragen auf die glatte Oberfläche darf sie weder zu dick noch zu dünn sein. Zusammen mit dem reichen Formenarchiv ist das Farblabor das Herz der sächsischen Manufaktur. Insgesamt 10.000 historische und neue Rezepturen werden hier gehütet, darunter die der Unterglasurfarbe Kobaltblau. Bis heute werden damit die gekreuzten Schwerter des kursächsischen Wappens, das Logo der Manufaktur, auf die Unterseite der Unikate gepinselt. Doch nicht nur die Malerei folgt der über 300 Jahre alten Tradition. Im eigenen nahen Bergwerk baut man seit jeher reinstes Kaolin für die Herstellung der hochwertigen Rohmasse ab. Das Drehen, Gießen und Modellieren und natürlich auch das Malen können Besucher in der "Erlebniswelt" bestaunen. Das Museum zeigt zudem historische Highlights und viele der berühmten Dekore – von Ming-Drache über Weinlaub bis Zwiebelmuster –, die sich übrigens alle auf den Stücken der Kollektion Meissen Kollage vereinen.
www.meissen.de
Fürstenberg – seit 1710
Ein Möbel, in einem Stück aus Porzellan gefertigt, das aussieht, als sei es aus Stoff gefaltet? Wie das geht, zeigt das Designer-Duo Eva Marguerre und Marcel Besau. Für die traditionsreiche Manufaktur entwarf das Paar "Plisago" zunächst einen Beistelltisch und, ganz neu, filigrane Wandboards. Mit ihrem unregelmäßigen Plissee-Design und der handschmeichelnden Oberfläche sind sie Blickfang und verführen zum Darüberstreichen. "Wir wollten die Weichheit, das Sinnliche und Zarte des Werkstoffs zeigen. Darum haben wir uns für den textilen Charakter entschieden", erzählt Eva Marguerre. Für die poetische Form schrieben sie und ihr Mann ein Computerprogramm. Wie ein dritter Designer im Team machte der Rechner immer wieder neue Vorschläge. Aus dieser Zusammenarbeit entstand schließlich ein 3-D-Druck, dann verschmolzen zwei Welten: Algorithmen und Handwerkskunst. In der Werkstatt neben dem historischen Schloss wurde vom Hightechmodell ein Gipsabguss gemacht, und die anspruchsvolle Fertigung begann. Seit mehr als 270 Jahren wächst bei Fürstenberg die Erfahrung mit jedem Stück Tischkultur und jedem Designobjekt. Im Schloss finden sich heute übrigens das Museum und die Besucherwerkstatt. Im hauseigenen Bistro "Carl" speist man mit Weserblick und, klar, von Fürstenberg-Tellern.
www.fuerstenberg-porzellan.com
Nymphenburg – seit 1710
Internationale Kreative entwerfen für die Meisterwerkstätten im Münchner Schloss. Komplett in Handarbeit entstehen dort dann die "Tierschalen" von Hella Jongerius oder die Serie Weiße Koralle von Ted Muehling. Um 1932 gestaltete Wolfgang von Wersin "Lotos". Auf der sachlichen Form des Geschirrs tummeln sich heute Schmetterlinge – so fein gemalt, dass man meint, sie flögen gleich davon.
www.nymphenburg.com
Villeroy & Boch – seit 1748
Mit dem stapelbaren Service "Die Kugel" machte Designerin Helen von Boch 1971 Furore. Das Objekt aus 19 Geschirrteilen läutete die Avantgarde-Serie des traditionsreichen Herstellers Villeroy & Boch ein, der bis dato für Klassiker wie "Wildrose" oder "Vieux Luxembourg" bekannt gewesen war. Jetzt beweist das Unternehmen erneut sein gutes Gespür für den Zeitgeist: Die Ikone wurde überarbeitet und ist mit zwei Schalen, zwei Suppentellern, zwei flachen Tellern und dem mittigen Servierteller nun leichter zu handhaben. Auch die Farben sind reduziert: Schwarz und Weiß als Basis, in der limitierten Memphis- Edition bleiben auch die Einzelteile Eyecatcher.
www.villeroy-boch.com
KPM – seit 1763
Das klassizistische Service "Kurland", um 1790 vom damaligen Herzog in Auftrag gegeben, zählt zu den berühmtesten der Königlichen Porzellan-Manufaktur. Deren Standort ist seit 1871 Berlin-Charlottenburg. Heute arbeiten im schicken "KPM-Quartier" rund 200 Porzelliner, Besucher können im kürzlich eröffneten Hotel nebenan übernachten. Alles atmet hier Historie, Handwerkskunst und Design, schon lange steht die Manufaktur für die Verknüpfung von Tradition und Moderne. So wurde "Kurland" zum 230. Jubiläum um eine Heritage-Edition der trendigen To-go- Becher erweitert, die historische Dekore aus dem Archiv trägt.
www.kpm-berlin.com
Hutschenreuther – seit 1814
Hotschenreuther wurde in Hohenberg als erste private Porzellanmanufaktur Deutschlands gegründet. Sie steht für hohe Qualität und stilvolle Tischkultur. Das Werk wurde 1997 geschlossen, die Marke 2000 von Rosenthal übernommen. Bekannt für florale Dekore und verspielte Formen.
www.rosenthal.de/hutschenreuther
Reichenbach – seit 1830
Der Name Reichenbach ist seit dem Jahre 1830 eng mit Thüringer Porzellanmalerei verknüpft. Die von Hand bemalten Porzellanscherben und der Handel mit den aufwendig gestalteten Produkten prägten die ersten Jahre der Reichenbacher Porzellantradition. Im Jahre 1900 taten sich neun ortsansässige Porzellanmaler zusammen, gründeten eine Porzellanfabrik und legten so den Grundstein für das Werk am heutigen Standort. Heute arbeitet die Manufaktur nach alter Tradition, dabei aber stets designorientiert und mit moderner Fertigungs- und Brenntechnik.
www.porzellanmanufaktur.net
Kahla – seit 1844
Kahla hat sich zum größten Porzellanbetrieb Thüringens entwickelt und ist heute ein vielfach ausgezeichnetes Unternehmen mit höchsten Design- und Qualitätsansprüchen für Hartporzellan, das mit nachhaltigen Produktionstechnologien neue Maßstäbe setzt. Bekannt für innovatives Design und multifunktionale Formen.
www.kahlaporzellan.com
Rosenthal – seit 1879
Kein Geringerer als Walter Gropius baute Ende der 1960er-Jahre die neue Produktionsfabrik in Selb für den Porzellanpionier Rosenthal. Philip Rosenthal, Sohn des Firmengründers, war nicht sehr zuversichtlich, als er den berühmten Bauhaus-Architekten anfragte: "Da kann ich auch den Papst zur Taufe meiner Tochter bitten." Doch Gropius sagte zu und schuf ein Stück Architekturgeschichte in Oberfranken. Heute beherbergt es immer noch Teile der Fertigung der inzwischen international agierenden Lifestyle-Marke, die neben Geschirr und Gläsern auch Möbel, Töpfe und Pfannen im Sortiment hat. Ein Highlight auf dem Firmengelände ist das Grünhaus: statt eigener Grünpflanzen am Arbeitsplatz ein, so Gropius, "großer Blumentopf für alle", einst sogar mit Flamingos – so ging New Work in den Sixties. Während der Planungs- und Bauphase begeisterte sich Gropius immer mehr für die Rosenthal-Produkte. Schließlich entwickelte er selbst ein Service: "TAC 01", benannt nach seinem Bostoner Büro "The Architects Collaborative", zählt heute zu den wichtigsten Designklassikern der Firma. Es gehört zur Rosenthal-DNA, mit hochkarätigen Gestaltern wie Björn Wiinblad, Gianni Versace, Patricia Urquiola oder Sebastian Herkner zusammenzuarbeiten. Der Italiener Gianni Cinti setzt die Reihe mit seiner aktuellen Kollektion Heritage fort.
www.rosenthal.de
Arzberg Porzellan – seit 1887
Arzberg entstand als Hersteller funktionalen Gebrauchsporzellans und trägt bis heute zu Recht das Qualitätssiegel "made in Germany". Bekannt für industriell gefertigtes, langlebiges Porzellan und zeitloses Design.
www.arzberg-porzellan.com
Dibbern – seit 1997
Das Geschirr soll den Speisen nicht die Show stehlen, Vielmehr ist es die Bühne für deren Auftritt – so etwa lautet die Philosophie der Marke. Hanseatisches Understatement? Vielleicht, denn der Firmensitz des Familienunternehmens befindet sich in Bargteheide bei Hamburg. Den Durchbruch feierte Dibbern in den 1980er-Jahren mit "Solid Colour", einem Service, das noch heute durch seine schier unendlichen farblichen Kombinationsmöglichkeiten begeistert. Sogar im Kanzleramt in Berlin ist es im Einsatz. Herzstück der Dibbern-Kollektion ist die Fine Bone China-Serie. Im Gegensatz zu normalem Hartporzellan hat das edle Material einen hohen Anteil Knochenasche. Das darin enthaltene Kalziumphosphat schenkt dem dünnwandigen Scherben eine enorme Dichte und Festigkeit sowie gleichzeitig eine ganz besondere Transparenz. Die feine Kollektion, unlängst um die großzügige Form "Coupe" ergänzt, entsteht in der eigenen Manufaktur im bayerischen Hohenberg. Über 100 Mitarbeiter gestalten und fertigen hier mit höchstem Anspruch an Qualität, Funktionalität und Design. Seit den Anfängen gehören auch Gläser zum Programm. Neuzugang ist "Odeon", durchgefärbt und mundgeblasen. In den Farbtönen "Petrol" und "Midnightblue" kommt die reduzierte, zeitlose Form wunderbar zur Geltung – doch für Puristen gibt’s das Ganze auch in "klar". Understatement eben.
www.dibbern.de
Ausgewählte Porzellanmuseen
- Europäisches Industriemuseum für Porzellan
- Europäisches Museum für Technische Keramik
- Rosenthal Museum
- Deutsches Porzellanmuseum
- Porzellanikon