Artikelinhalt
Die Liebe zum Einfachen charakterisiert den modernen Country-Look und gibt so dem klassischen Landhausstil ein frisches Aussehen. Am Anfang stand dabei ein Lammfell. "Ludde" hieß es bei Ikea, und es war der Beginn der neuen Liebe zum Rustikalen. "Ludde" machte aus Holzbänken gemütliche Sitzgelegenheiten, verlieh jedem Sessel eine Portion Landhauscharme und verwandelte die Kunststoffsitzschalen der allgegenwärtigen Eames-Chairs in kuschelige Nester.
Spätestens seit den Messen und Designfestivals 2015 und 2016 ist dieser "New Country"-Trend unübersehbar. Überall werden gedeckte Farben und Naturmaterialien, rohe, massive Holztische, in Braun- und Grautönen glasierte Keramik und knitternde Leinenbettwäsche gezeigt. Designer lassen sich von Möbelarchetypen wie Melkschemel, Bauernstuhl oder dem englischen Windsor Chair inspirieren – und übersetzen ihre Formen ohne Schnörkel, aber mit großem Respekt vor traditionellem Handwerk in unsere Zeit.
Modern Country: Wiederentdeckung der Tradition
Der "Trix"-Stuhl der Allgäuer Designerin Sabine Bischof zum Beispiel ist eine Fusion aus alpinem Brettstuhl und skandinavischem Mid-Century-Stil – halb "Herzerlstuhl", halb Arne Jacobsens "Ameise". Die Maigraudesigner Nik Back und Alexander Stamminger nahmen sich den Bauernstuhl ebenfalls zum Vorbild für ihren Stuhl "Farmer", und die Münchener Künstlerin Aylin Langreuter macht den Brettstuhl gleich zum Kunstwerk (siehe Fotostrecke). Mit ihrem Ehemann betreibt sie das Label Dante Goods &Bads und erlaubt sich außer "guten" Designobjekten auch "böse" Stücke wie die "Voodoo Chairs". Bei ihm steht nicht der Nutzwert im Vordergrund, sondern die Begegnung bayerischer Schnitzerei mit afrikanischer Volkskunst.
Viele der kleinen Möbelfirmen, die den modernen Country-Look prägen, kommen aus England. Zum Beispiel Another Country, gegründet von Paul de Zwart. Der Möbeldesigner und Mitbegründer des Designmagazins "Wallpaper" war auf der Suche nach klassischen dreibeinigen Holzschemeln für sein Haus in Dorset, konnte aber nichts Passendes finden. 2010 beschloss er, mit dem Schreiner seines Vertrauens eine eigene Möbelserie auf die Beine zu stellen – und ist nun mit hochwertigen, puristischen, traditionell gefertigten Möbeln erfolgreich
Russell Pinch und Oona Bannon gründeten bereits 2004 Pinch Design mit dem Ziel, "die Einfachheit der Form zu feiern und puristische Objekte von zeitloser Eleganz zu schaffen". Mit ihren Möbeln, zumeist in England gefertigten Stücken aus Walnuss, Eiche oder Kirschholz, wollen sie nicht nur gute Entwürfe realisieren, sondern eine bestimmte Atmosphäre schaffen. "Wenn unsere Möbel eine Tageszeit wären, dann wären sie ein Sonntagmorgen", erklärt Oona Bannon, "ich liebe diese Stimmung, wenn man noch etwas verträumt ist, aber ganz entspannt lesen, Musik hören, reden kann und dabei langsam Dinge in Bewegung setzt."
Zeit für Ruhe und Pause vom Alltag
Gemütlichkeit ist das Gebot der Stunde – und sie hat ihre Wurzeln im alpinen Bauernhaus, in der skandinavischen und japanischen Handwerkskunst, in den Möbeln der Shaker und im englischen Landhausstil. Das britische Trendmagazin "Monocle" brachte diesen Sommer zusammen mit dem Berliner Gestalten Verlag den "Monocle Guide to Cosy Homes" auf den Markt. Darin schreibt Interior-Designerin Ilse Crawford, wie wichtig sinnliche Oberflächen für ein wohnliches Zuhause sind – und dass ein unbehandelter Holzfußboden schon fast verpflichtend ist.
Der österreichische Designer Jacob Strobel teilt ihre Begeisterung für Holz: "Ich liebe es, mit nackten Füßen über einen ausgewaschenen Dielenboden zu gehen oder eine perfekt polierte, geölte Tischplatte zu berühren", erklärt der Team-7-Designer. "Man spürt förmlich, dass da solides Naturmaterial unter der Oberfläche liegt; dass es eine Geschichte hat."
Unbehandelt und natürlich – der moderne Landhausstil
Der Trend zu natürlichen Materialien, handwerklicher Verarbeitung und Designarchetypen entspricht unserer gesellschaftlichen Entwicklung. "Je mehr wir in einer digitalisierten Welt leben, umso größer wird unsere Sehnsucht nach authentischen Materialien", sagt Ilse Crawford. "Unbehandeltes Holz, über die Jahre entwickelte Patina erzählen die Geschichte eines Möbelstücks – das ist ein Wert, den heute immer mehr Menschen schätzen", bestätigt auch Maigrau-Designer Nik Back.
Weitere Themen:
Das Wohnzimmer gemütlich einrichten
Esszimmer – die 12 besten Tipps
Pastellfarben: So richten Sie mit Pastelltönen ein