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Urban Gardening - Gemeinschaftsgärten in der Stadt

London: Nutzgarten "Food From The Sky" auf dem Dach eines Supermarktes.
London: Nutzgarten "Food From The Sky" auf dem Dach eines Supermarktes.
© Christian Verlag / Andreas Lauermann
Brachflächen zu Gärten – mit Gemeinschaftsgärten wachsen Rhabarber, Salat und anderes Gemüse wieder mitten in der Stadt. Und jeder kann mitmachen – zumindest bis die Flächen doch bebaut werden.

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Bepflanzte Plastikkübel neben einem Abluftschacht, Tomaten am Verkehrskreisel und mexikanische Miniatur-Gurken in der Nähe von Musikclubs – seit einigen Jahren zieht wieder Grün in die Stadt. Dieses Mal aber nicht als geplante Parks oder künstlich angelegte Grünanlagen, sondern immer häufiger da, wo zuvor triste Brachflächen waren. Selbst flache Supermarktdächer werden so zum Acker in der Metropole. Urban Gardening ist das Stichwort – und damit ist mehr gemeint als nur das halbherzige Bepflanzen von Baumscheiben mit ein paar Primeln oder Stiefmütterchen.

Urbane Gärten sind kleine Paradiese im Betongrau.
Urbane Gärten sind kleine Paradiese im Betongrau.
© Christian Verlag / Andreas Lauermann

Gemeinsam gärtnern

Die Hände wieder mit Erde schmutzig machen, bei Gemüse nicht nur an die abgepackte Ware aus dem Supermarkt denken: Die Gründe, bei einem Gemeinschaftsgarten mitzumachen, sind vielfältig. Oft ist es die Tätigkeit an der frischen Luft, der Wunsch nach neuen Grünflächen im Beton-Dschungel oder einfach die positive Naturerfahrung beim Gärtnern. Urban Gardening ist daher nicht einfach nur ein Trend, sondern ein modernes Lebensgefühl, das aus dem Wunsch nach einem gesunden und nachhaltigen Leben entsteht. Deshalb sind Gemeinschaftsgärten auch längst keine Randerscheinung mehr.

In den Metropolen wächst das Grün

Bekannte Gärten in Deutschland sind der Prinzessinnengarten in Berlin-Kreuzberg, der Gemeinschaftsgarten Allmende-Kontor auf dem ehemaligen Flugfeld Tempelhof und das Gartendeck in Hamburg-St-Pauli. Aber auch in Köln, München und anderen Städten gibt es Gemeinschaftsgärten. Sie alle haben sich in den letzten Jahren etabliert, die Bewegung begann jedoch schon Anfang der 70er Jahre in den großen US-Metropolen wie New York oder Los Angeles.

In US-amerikanischen Großstädten entstanden die ersten Gemeinschaftsgärten.
In US-amerikanischen Großstädten entstanden die ersten Gemeinschaftsgärten.
© Alison Hancock

Dort waren in den Innenstädten Grünflächen und vor allem Gärten zum Anbau von Gemüse rar - oder gar nicht erst vorhanden. Zudem wollten die Bewohner nicht mehr mitansehen, wie ihre Nachbarschaft verkommt, und wurden einfach selbst tätig. Aus vermüllten Brachflächen und kargen Flachdächern wurden so mit der Zeit immer öfter blühende Gärten, in denen sogar Gemüse wuchs, das man essen konnte. Ein kleines Wunder in der Stadt war geschaffen. Und aus hässlichen Großstadt-Ecken wurde etwas Schönes - wenn auch zumeist nur auf Zeit.

Hochbeete sind ein Muss beim Urban Gardening

Auch in Deutschland entstehen viele der Gärten auf Brachflächen, deren weitere Nutzung unklar ist. Ihre Zukunft ist dadurch oft ungewiss, und Nutzungsverträge werden nur über kurze Zeiträume geschlossen. Daher werden die Gärten vorsorglich mobil angelegt. Wie? Ganz einfach: Die Pflanzen werden nicht direkt in die Erde gesetzt, die in Städten sowieso oft mit Schadstoffen belastet ist. Stattdessen wird mit Hochbeeten gearbeitet. Dazu erhalten Europaletten eine neue Aufgabe als Stützwand oder werden günstig erhältliche und tragbare Lebensmittelkisten aus Kunststoff mit Erde befüllt, in denen dann Erbsen, Pfefferminze, Gurken, Kartoffeln und vieles andere wächst und später auch geerntet wird.

Urban Gardening: Gärtnern verbindet

Privater Gemeinschaftsgarten und Urban Gardening-Projekt über den Dächern von Berlin
Privater Gemeinschaftsgarten und Urban Gardening-Projekt über den Dächern von Berlin
© Christian Verlag / Andreas Lauermann

Ernten ist aber nicht das Hauptziel. Vielen Aktivisten ist es viel wichtiger, überhaupt wieder etwas Gemeinschaftliches zu gestalten: Brachliegende Flächen zu reaktivieren und die Freude über das Grün miteinander zu teilen. So wird über die Hochbeete hinweg gern gefachsimpelt, welche Gemüsesorten sich am besten zum Anbau eignen und wie man sie am besten pflegt. Dabei wird oft kein eigenes Beet vergeben, sondern alle arbeiten am großen Ganzen des Urban Gardenings mit.

Bei so einem Gemeinschaftssinn verwundert es kaum, dass sich 2009 aus dem Nichts heraus mehr als 100 Freiwillige fanden, um eine 6.000 Quadratmeter große Brachfläche in Berlin-Kreuzberg für das Projekt Prinzessinnengarten vom umherliegenden Müll zu befreien. Das ist mittlerweile mehr als sieben Jahre her. Nun wachsen in Kunststoffkästen, direkt an einem Verkehrskreisel gelegen, Gemüse und Kräuter in Bioqualität, die auch gleich noch im eigenen Café zubereitet werden. Und wer beim Urban Gardening mithilft, bekommt einen Rabatt beim Kauf der erntefrischen Lebensmittel.

Blühende Gärten: Urban Gardening im Norden

Gleiches gilt für das Gartendeck auf dem Dach einer Garage mitten im Hamburger Stadtteil St. Pauli. Nur wenige Meter von der lebendigen Reeperbahn entfernt, hat sich hier ein idyllisches Grün mit dem Namen Gartendeck entwickelt. Auch hier stehen Paletten mit Gemüsekästen. Kinder springen durch die Reihen, Erwachsene sind in Arbeitskleidung mit Erdflecken eifrig am Pflanzen und Ernten.

Direkt neben der Reeperbahn liegt das Hamburger Gartendeck.
Direkt neben der Reeperbahn liegt das Hamburger Gartendeck.
© Christian Verlag / Andreas Lauermann

Graffiti-Schriftzüge prangen dahinter an der Wand und zeigen klar: Hier ist keine übliche Gärtnerei, sondern ein zurückerobertes Stück Großstadt für die Gemeinschaft. Gut 1.000 Quadratmeter ist die Fläche groß, auf der seit 2011 mittlerweile einiges an Gemüse gezogen wurde. Wie so oft beim Urban Gardening bleibt es nicht beim reinen Gemüseziehen, schnell sind auch Bienenzüchter dabei. Die Natur breitet sich so immer weiter aus und ist nun da, wo vor wenigen Jahren ein ungenutzter Raum war.

Mitmachen und kreativ werden beim Urban Gardening

Es muss nicht immer der Blumentopf sein: Zwiebeln wachsen auch wunderbar in Plastikflaschen.
Es muss nicht immer der Blumentopf sein: Zwiebeln wachsen auch wunderbar in Plastikflaschen.
© Sirikorn Techatraibhop

Flaniert man einmal durch die Reihen eines solchen Gemeinschaftsgartens, sieht man nicht nur die bekannten Hochbeete, sondern auch vieles, was auf den ersten Blick improvisiert, ja ein bisschen chaotisch wirkt. Da sind in Gemeinschaftsgärten Pflanzgefäße aus Wannen, Blumentöpfe aus Plastikflaschen oder ganze Garten- oder Treibhäuser aus Plastikplanen zusammengebaut. Für den klassischen Gärtner mag das ungewöhnlich aussehen, es zeugt jedoch von dem Erfindungsreichtum und der Kreativität, die entstehen, wenn zusammen gegärtnert wird.

In den meisten größeren Städten gibt es mittlerweile einige solcher Gemeinschaftsgärten. Wer Lust hat, selbstgezogene Tomaten oder den eigenen Salat zu essen, kann dies daher nun auch ohne Garten am Haus oder Schrebergarten machen: Einfach Schaufel und Gartenhandschuhe einpacken und zu einem Gemeinschaftsgarten in der Nähe fahren. Helfende Hände sind dort immer erwünscht - denn die nächste Gartensaison steht immer an.

Allmende-Kontor: Wo einst Flieger zur Landung in Berlin Tempelhof ansetzten, wachsen heute diverse Gemüse.
Allmende-Kontor: Wo einst Flieger zur Landung in Berlin Tempelhof ansetzten, wachsen heute diverse Gemüse.
© Christian Verlag / Andreas Lauermann

Hier kann man gemeinsam gärtnern:

Berlin:
Der Gemeinschaftsgarten Allmende-Kontor liegt auf dem ehemaligen Flugfeld des Berliner Flughafens Tempelhof

Prinzessinnengarten - die einstige Stadtbrache am Moritzplatz ist der Pionier unter den Gemeinschaftsgärten

Hamburg:
Gartendeck - in der Nähe der Reeperbahn wachsen hier auf einem Tiefgaragendach Salat & Co

Köln:
Neuland - eine Stadtbrache wird grün

München:
o'pflanzt is - der Gemeinschaftsgarten in Bayern ist einer der 10 Gewinner im Wettbewerb "Die schönste Straße Deutschlands"

Gemeinschaftsgärten im Ausland:
Incredible-edible-todmorden.co.uk – eine ganze Stadt gärtnert
• Frau Gerolds Garten in Zürich: www.fraugerold.ch

Buchtipp

Grüne Städte: "Urban Gardening" von Anja Klein und Andreas Lauermann
© Christian Verlag / Andreas Lauermann

Möchten Sie mehr über Gärten in der Großstadt erfahren? Dann empfehlen wir das Buch "Urban Gardening" von Anja Klein und Andreas Lauermann.

Auf 192 Seiten und mit 200 Abbildungen stellen die Autoren Großstadtgärten in Berlin, München, Zürich, London und Amsterdam vor.
Preis: 24,99 Euro.

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