Die kubistischen Maler hatten es vorgemacht: Wenn man will, lässt sich alles auf wenige geometrische Grundformen reduzieren. Dem holländischen Zimmermannssohn Rietveld gelang 1918 einer der plakativsten Beweise: Einen traditionellen Armlehnstuhl reduzierte er auf 13 Stäbe und zwei strenge Bretter. Was wiederum die junge Kunstbewegung De Stijl so begeisterte, dass sie den Rietveldschen Schlicht-Stuhl in den Rang eines Manifests erhob und in ihm ihre besten Ideen ausgedrückt sah: Gestaltung kann erst Objekte, dann auch die Gesellschaft zu universeller Harmonie führen. Neben dem Maler Mondrian wurde Rietveld zum populärsten Stijl-Mitglied. Ein kubistisches Haus, das er 1924 in Utrecht baute, ist heute Weltkulturerbe.
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Folgt man seinem Schöpfer, so ist dieser Stuhl kein Sitzmöbel, sondern gebaute Theorie – obwohl man auf ihm erstaunlich bequem Platz nehmen kann. Tatsächlich bringt dieser Möbelentwurf das Raumverständnis, das der Architekt Rietveld als Vordenker der De-Stijl-Bewegung formulierte, anschaulich auf den Punkt: Er umschließt den Raum nicht, wie es klassische Sitzmöbel tun, sondern lässt ihn in jeder Richtung frei fließen. Die frei positionierten Bretter und Leisten, die erst später die namensgebenden Primärfarben erhielten, machten den Stuhl zwar einfach zu bauen, dennoch ist er bis heute mehr Museumsobjekt als Massenmöbel.
Aus dem Jahr: 1918
Hersteller: Cassina