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Ein Material, das polarisiert: Viele lieben seinen rohen Charakter, für andere ist ein Haus aus Beton (und insbesondere Sichtbeton) der Gipfel der Architekturtristesse, Stichwort Brutalismus. Dennoch konnte die Mischung aus Zement, Sand, Kies und Wasser in den vergangenen Jahrzehnten ihren Platz in der Architektur erfolgreich verteidigen. Doch zu Recht?
Beton im und am Haus – die Zusammensetzung ist entscheidend
Je nach Zuschlagstoffen, Qualität und Aufbau der Schalung lassen sich beim Hausbau mit Beton Fassaden und Innenwände unterschiedlichen Charakters herstellen. Allen gemeinsam ist die Grundrezeptur aus Kies, Sand, Zement, Betonzusatzmittel und Wasser. Doch trotz genauester Planung und großer Sorgfalt bei Schalung und Verarbeitung von Beton bleibt es doch immer bis nach dem Ausschalen und Abbinden spannend, welches Erscheinungsbild der Beton letztendlich tragen wird. Auch diese Eigenschaft, seine unglaubliche Wandelbarkeit, macht Beton beim Bau eines Hauses so spannend.
Wichtig: Das "Gesicht" des Betons verändert sich bei unbehandelten Oberflächen durch Umwelteinflüsse. Viele Beton-Fans mögen aber gerade die dabei entstehende Patina am Haus und wirken ihr nicht entgegen. Auf Wunsch können Fassaden oder andere Teile am Haus beim Bau mit Beton aber selbstverständlich imprägniert werden. Die dabei entstehenden, hydrophoben Oberflächen bleiben dann über eine gewisse Zeit in ihrer Optik recht gleich.

Beton im Hausbau – Ikonische Gebäude und CO2-Bilanz
Neben der Flugscham, der Fleischscham und der Autoscham quält uns beim Thema Hausbau eine weitere Gewissensfrage. Diesmal geht es um Beton, den Stoff, der die Straßen und Industrieanlagen des Wirtschaftswunders, Großsiedlungen, Brückenkonstruktionen und unzählige Hausformen erst möglich gemacht hat. Dem wir ikonische Bauten und Häuser aus Beton von Le Corbusier bis Zaha Hadid verdanken und die Gewissheit, dass in der Architektur alles möglich ist. Seit aber bekannt ist, dass Beton in der CO2-Bilanz eine tragende Rolle spielt, richten sich alle Augen auf den einstigen Werkstoff der Wunder. Verursacht doch die Zementindustrie knapp zehn Prozent der Treibhausgase – und Beton ist ohne eine Beimischung von Zement schlicht nicht denkbar.
Alternativlos für den Brandschutz – Beton im Gebäudekern des Hauses
Noch sind Effizienzsteigerungen beim Bau mit Beton möglich. Vor allem durch die Verwendung klinkerärmerer Zemente und den Zusatz alternativer Stoffe wie Hüttensand und Ton beim Bau von Häusern mit Beton. Jedoch wird es in absehbarer Zeit technisch nicht möglich sein, Beton herzustellen, ohne Kohlendioxid freizusetzen. Klimaneutralität lässt sich aber nur erreichen, wenn CO2 abgeschieden und eingelagert wird.

Hersteller wie Heidelberg-Cement erproben das ccs-Verfahren in einer Großanlage auf Gotland. Aber die Investitionen der hochprofitablen Industrie in diese Technologie sind viel zu gering, als dass bald Ergebnisse beim Hausbau mit Beton zu erwarten wären. Da Beton in vielen Bereichen am Haus aber unersetzlich ist, angefangen bei wasserberührenden Bauteilen bis zu brandschutzrelevanten Gebäudekernen, muss der Druck auf die Hersteller zunehmen und auf die Politik, um wiederum Druck im nationalen und internationalen CO2-Handel zu erzeugen.
Dennoch versuchen Planer:innen alle gestalterischen Spielräume zu nutzen, mit Flach- und Hohldecken, Carbonbeton und Leichtbauweisen den Betonaufwand reduzieren und Beton am Haus selektiver einzusetzen. Durchaus im Bewusstsein, dass keine herkömmliche Bauweise bei seriöser Abwägung und vergleichbarer Qualität derzeit komplett klimaneutral und umweltfreundlich ist und wir auf den Hausbau mit Beton (noch) nicht verzichten können.

Beton im Hausbau – das sind die Nachteile
Beton ist, wir haben es erwähnt, weit vor SUV, Urlaubsflug und Nackensteak einer der großen Klimakiller. Genauer: der Zement, der ihm seine Festigkeit verleiht. Knapp drei Milliarden Tonnen CO2 jährlich verursacht allein dessen Produktion, wie Analysen des Weltklimarats ergeben haben. Der Energieaufwand ist dabei der kleinere Faktor; der Großteil entsteht durch die chemische Reaktion, die bei der Verarbeitung von Kalkstein zu Zement abläuft. Etwa 340 Kilogramm Kohlendioxid erzeugt die Produktion einer Tonne Stahlbeton, wie wir ihn überall im Hausbau verwenden unterm Strich. Wie schnell die verbaut ist, weiß jeder, der mal auf einer Baustelle war.
Übrigens:
Zurzeit wird an klimafreundlichem Zement geforscht, der einen Großteil der Emissionen von Beton im Hausbau einsparen soll. Bis dieser sich durchsetzt, sollte Beton im Hausbau fokussiert dort eingesetzt werden, wo er seine gestalterischen Stärken ausspielen kann. Überall dort im Haus, wo er unsichtbares Nutzmaterial ist, sollte Beton soweit möglich durch klimafreundliche Alternativen, beispielsweise den nachwachsenden Rohstoff Holz, ersetzt werden.
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