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Auf der Landkarte der Architektur glänzt Husum bisher kaum. Doch zum Glück gibt es Bauherren wie Silja und Malte Timm. Das Paar studierte gemeinsam Architektur beziehungsweise Innenarchitektur in Kiel und verbrachte später einige Zeit in Kopenhagen. Dann zog es die Planer zurück in die Heimat, und bald begann die beschwerliche Suche nach einem zentralen Baugrundstück. Ins Auge fiel Silja und Malte Timm schließlich ein schmales Gartenareal gegenüber dem Husumer Schlosspark.
Kleines Grundstück, aber in guter Lage
Die Architekten erkannten das Potenzial des Innenstadtgrundstücks, verhandelten beharrlich und entwarfen dann für die 450 Quadratmeter ein Haus, das so selbstverständlich wirkt, als hätte es schon immer dort gestanden. Es brüskiert die umgebenen Gründerzeithäuser nicht, sondern setzt mit seiner Fassade aus dänischem Klinker, mit steilem Satteldach und Gauben die lokale Architekturtradition fort. Doch damit nicht genug: Mit der scharf geschnittenen Silhouette ohne Dachüberstände, den geschosshohen Fenstern und einer Treppenanlage aus Beton behauptet sich der Bau jenseits aller Heimattümelei auch hervorragend in der Gegenwart. Das allein wäre schon preiswürdig gewesen, sind doch solche Qualitäten gerade im ländlichen Raum selten geworden. Aber der HÄUSER-AWARD gilt in diesem Jahr besonders den inneren Werten, und auch da überzeugt das Husumer Backsteinhaus auf ganzer Linie.
Den Grundriss optimiert
"Obwohl das Grundstück schmal und eher klein war, wollten wir hier großzügig, familiengerecht und luftig bauen", erklärt Silja Timm den Ansatz der Planer. "Wir haben deshalb auf den fließenden Raum gesetzt, zwei Galerien verbinden die beiden Geschosse miteinander, Erschließungsflure gibt es kaum." Und so ist es auch kein Wunder, dass dieses Haus viel größer wirkt, als es die tatsächlichen 150 Quadratmeter Wohnfläche vermuten lässt. Dieser Eindruck ergibt sich nach dem Entree, das in die rechte Ecke der Gebäudefront geschnitten ist und den Besucher erst einmal zu einem Richtungswechsel zwingt, bevor er skandinavisch direkt auf die Küche zugeleitet wird. An der Längsseite rahmen große Glasflächen einen meterlangen Essplatz. Ein Luftraum verbindet ihn mit dem Obergeschoss, und zur Gartenseite hin schließt sich der Wohnbereich an. Um zwei Stufen ist er abgesenkt und erstreckt sich über die gesamte Hausbreite. Deckenhohe Fenster in der Südfassade fluten ihn mit Licht.
Beste Raumnutzung auf zwei Etagen
Die räumliche Vielfalt auf kleiner Fläche findet im Obergeschoss ihre Fortsetzung. Über eine schmale Treppe gelangen wir hinauf und sehen uns dem klassischen Anforderungsprofil einer Familie gegenüber: zwei Kinderzimmer, Elternschlafraum, ein großes Bad, ein Abstellraum. Und doch gewinnt dieser Grundriss dem Üblichen das Ungewöhnliche ab. Der Luftraum zum Wohnzimmer ließe sich später zugunsten eines dritten Kinderzimmers schließen, eine Büronische für Silja Timm ist so eingepasst, dass die Hausherrin von hier aus alles im Blick hat und durch eine Wandöffnung hinab zum Essplatz schauen kann.
Alle Räume kompensieren ihre überschaubaren Grundflächen durch üppige Höhe. Erst der First ist hier die Grenze, was überall für ein Gefühl von Weite sorgt. Dazu tragen auch großzügige Gauben, weiße Wände, der Douglasienboden und die Glasbrüstungen der Galerie bei. All das verstärkt den Eindruck eines offenen, lichten Hauses, das dennoch Geborgenheit und Intimität vermittelt. "Genauso wollten wir es", sagt Malte Timm, als wir wieder im Erdgeschoss angekommen sind. "Es ist ja kein großes Haus, aber es ist genau auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten."